Strohballenhaus in Leiferde


Vorwort

Der NABU Kreisverband Gifhorn e.V. baute als Kooperationspartner der gemeinde Leiferde das erste öffentliche Strohballenhaus Deutschlands, als Baubiologisches Zentrum. Projektträger ist die Gemeinde Leiferde, welche auch das Grundstück zur Verfügung stellte. Der Bau wurde finanziert durch BINGO! Die Umweltlotterie.
Darüber hinaus wurden im Rahmen eines Lokalen Agenda 21 Projektes der gemeinde Leiferde, Seminare und Workshops zum Thema Strohballen- und Lehmbau durch den NABU Kreisverband Gifhorn angeboten. Diese wurden finanziert durch Mittel der Europäischen Gemeinschaft sowie ebenfalls durch BINGO! Die Umweltlotterie.

Projektträger und Herausgeber:
Gemeinde Leiferde
c/o Samtgemeinde Meinersen
Hauptstaße 1
38536 Meinersen

Projektleitung und Gestaltung:
NABU Kreisverband Gifhorn e.V.
Hauptstraße 24
38542 Leiferde
e-mail: info@nabu-gifhorn.de
Internet: www.nabu-gifhorn.de

Autoren:Andreas Leonhardt und Uwe Kirchberger

Leiferde 2005


1. Das Projekt

Mit Strohballen lassen sich auf einfache Weise, kostengünstige, passivhaustaugliche, gesunde und umweltfreundliche Wohnhäuser erstellen. Der Strohballenhausbau entspricht somit gleich drei Aktiondfeldern der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie:

  • Umweltschutz und Agrarwende
  • Klimaschutz und Energiewende
  • Soziale Gerechtigkeit

Durch eine Nutzung von Stroh als Baustoff können zusätzliche Erwerbsmöglichkeiten im Agrarbereich und im Bausektor geschaffen werden. Strohballenwände können nach Beendigung der Nutzung wieder direkt in den natürlichen Kreislauf eingebracht werden, indem sie kompostiert werden. Die Herstellung und Verarbeitung des Strohs kann von ortsansässigen Betrieben erfolgen, womit ein wichtiger Beitrag zur regionalen Vermarktung geleistet wird.

Die Produktion von Stroh erfolgt mit äußerst geringem Primärenergieaufwand von ca. 14 MJ/m3 (Mineralwolle 1667 - 2520 MJ/m3). Dabei entstehen nur geringste Mengen an zusätzlichen klimaschädlichen Emissionen, da Stroh beim Getreideanbau in Deutschland in großem Überschuss anfällt. Häuser aus Strohballen erreichen schon heute Passivhausstandard (< 15 kWh/m2), ohne schädliche Nebenwirkungen wie sie bei künstlich hergestellten Dämmstoffen häufig auftreten.

Aufgrund der steigenden Anforderungen an Gebäudestandard, Umweltfreundlichkeit und Energieeinsparung ist der Traum vom Eigenheim für einkommenschwächere Bevölkerungsgruppen immer schwerer zu erreichen. Im Strohballenbau lassen sich auf einfache Weise sehr kostengünstige Gebäude erstellen, wo zudem ein hoher Eigenanteil geleistet werden kann.

Der Baustoff Stroh ist schon seit hunderten von Jahren bekannt, aber im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten. Erst in den letzten Jahren beginnt in Deutschland wieder eine Rückbesinnung auf die guten Eigenschaften des Baustoffes Stroh. Strohballen fallen beim Anbau von Getreide, dem wichtigsten Lebensmittel nebenbei an. Ca. 20% der gesamten Ernte werden nicht für landwirtschaftliche Zwecke benötigt. Zur Vermeidung größerer Strohmengen werden zurzeit auch kurzhalmige Getreidesorten eingesetzt. Dies bedeutet, dass das Ausgangsmaterial für den Baustoff Strohballen preiswert erhältlich ist. Gerade Niedersachsen mit seinem hohen Anteil an landwirtschaftlichen Nutzflächen und starker Getreideproduktion bietet hier ein hohes Potential. Da in fast allen Gebieten Getreideanbau betrieben wird, können die Transportwege kurz gehalten werden. Dies bewirkt eine Minderung von Treibstoffverbrauch und Abgasemissionen und fördert die regionale Vermarktung.


1.1 Daten zum Bau

Fläche / Räume: Grundfläche von 110 m2 aufgeteilt auf Flur, 2 Büros, 1 Seminarraum, 2 Bäder und Haustechnikraum
Architekt: Dipl.-Ing. Dirk Scharmer
Bauzeit: 4 Monate (von August bis Dezember 2005)


2. Einführung in die Thematik

2.1 Herkunft und Entwicklungsgeschichte der Bauweise

Bautechniken, bei denen Stroh und Lehm verwendet werden, sind schon seit der Frühgeschichte bekannt. So erwähnen römische Historiker bereits die Errichtung von Stroh- und Schilfdächern in Nordeuropa. Die heute bekannten Strohbauten kamen aber wohl erst wesentlich später, etwa im 19. Jahrhundert, in den USA auf.
Durch die Erfindung der von Pferden angetriebenen Strohballenpressen konnte man erstmals Heu und Stroh als Baustoff verwenden. So errichteten Menschen vor allem in Gebieten, wo es aufgrund geographischer Gegebenheiten an üblichen Baumaterialien mangelte, das erst erwähnte Strohballenhaus in lasttragender Bauweise, eine Schule, zum Jahr 1886/87 in Bayard, Nebraska (USA). Die Bauweise mit Grassoden wurde damit abgelöst. Weitere Häuser von 1921 (F), 1928 (USA) und 1938 (USA) sind noch heute in gutem Zustand und belegen bestens die Beständigkeit dieser Bauart.
Die im 20. Jh. nahezu in Vergessenheit geratene Technik haben ökologische Besinnung, Pioniergeist und Wirtschaftlichkeit in den USA, Kanada und Frankreich wieder aufleben lassen. Aber auch Österreich und seit einigen Jahren auch Deutschland sind mittlerweile von Strohballen für ökologisches Bauen und Wohnen überzeugt. So ergibt sich seit Ende des 20. Jhds. eine immer schnellere Ausweitung eines internationalen Netzwerkes, wofür die internationale Strohballenbau-Konferenz, welche zuletzt 2004 in Dänemark stattfand, ein gutes Beispiel ist.


3. Strohballenbau

3.1 Einbau der Strohballen

Zunächst wurde die Holzrahmenkonstruktion errichtet, bei der jede "Wand" zuerst einzeln liegend montiert, später in die vertikale Lage gebracht und mit den anderen Wandelementen verbunden wurde. Für die Dachkonstruktion wurden Nagelplattenbinder verwendet.

Für den Einbau der Strohballen standen 20 Personen zur Verfügung. Es wurden kleine Arbeitsgruppen gebildet, die fortan jeweils einen Wandabschnitt betreuten. An den Ausfachungen wurde Maß genommen (Abstand zwischen zwei Holzbohlen), um die benötigte Größe der Ballen bestimmen zu können und anschließend vorsortiert.

Für die Dachdämmung werden die Dachstrohballen hochkannt (ergibt eine Dicke von 46 cm) zwischen die 50 cm hohen Sparren geklemmt, was weniger aufwendig als der Einbau in die Gefäche der Wand gewesen ist. Nach dem Einsetzen erhielten die Ballen eine oberseitige Schutzschicht aus 1-2 cm Lehm. Darauf folgte die Lattung für die abschließende Deckung mit Tondachziegeln. Die Ballen, die die spätere Trittfläche auf dem Dachboden bilden erhielten keine weitere Abdeckung außer dem Lehmputz, da dieser Strohballen-Lehmputzverbund ausreichend durch das Dach geschützt sein sollte.

Als Hilfswerkzeuge für die Arbeiten an den Wandabschnitten wurden Brettabschnitt und ein großer "Holzhammer" verwandt. Er bestand aus einer Holzlatte und einer ca. 4-5 cm dicken, quadratischen Holzplatte an einem Ende mit den ungefähren Maßen 40 x 40 cm. Die Brettabschnitte (20 x 80 cm) dienten dazu, die Ballen in die Ausfachung "hineinrutschen" zu lassen, um sie dann mit dem Holzhammer von oben her mit kräftigen Schlägen zu verdichten. Half dies allein nicht, so wurde mit den Füßen nachgestampft. Zusätzlich wurde mit Armen, Beinen oder Oberkörpern von außen und innen gegen die jeweiligen "Ballentürme" (die eingesetzten und quasi gestapelten Ballen) gedrückt, um die Wand hinterher insgesamt auszurichten (senkrechte und mehr oder minder glatte Oberfläche).


3.2 Komprimierungsmöglichkeiten

Waren alle Ballen, außer den letzten, eingebaut, so ging es an das Verdichten, auch Komprimieren genannt, welches schon fast ein eigenes Kapitel bekommen könnte. Mit zunehmender Anzahl von Häuslebauern gibt es nämlich quasi auch neue Möglichkeiten der Verdichtung oder zumindest Verbesserungen der bereits bewährten Methoden. Hier werden kurz die wichtigsten Möglichkeiten dargestellt:

Zunächst etwas über die Variante, die bei uns verwendet wurde, um die gewünschte Stabilität zu erreichen, welches das primäre Ziel einer Verdichtung ist. Vorerst jedoch einige Fakten: Die Strohballenwand ist unbearbeitet aufgrund der Unebenheiten der Strohballen selbst relativ instabil. Durch die Komprimierung der Wand werden die Ballen aufeinander gepresst, wodurch die wesentlich höhere Festigkeit erreicht wird. Ohne diesen wichtigen Arbeitsschritt würden die Lasten, welche auf die Wand einwirken, Verformungen der Ballen und nachträgliches, aber unregelmäßiges Setzen dieser selbst bewirken, sprich die Senkrechte zwischen Dach und Wand wären nicht mehr gegeben. Vor allem kommt es zu Rissen bzw. leichtem Ablösen in / von dem späterem Putz.
Die erwähnten Lasten setzen sich bei lasttragend gebauten Häusern aus Dach, Decken, der Eigenlasten der Wand und Putzlasten zusammen, hier ist eine gut ausgeführte Verdichtung demnach besonders wichtig, um Spätfolgen zu vermeiden; bei nicht lasttragenden Konstruktionen nur aus Eigen- und Putzlast. Man kann grundsätzlich sagen, dass jedes Gefach um ca. 10% in der Höhe verdichtet werden muss, um den letzten Ballen einsetzen zu können und die Wand diesbezüglich zu komplettieren. Es gilt mehr oder minder: je dichter, gleichmäßiger und planer (ebener) die Ballen sind, desto besser ist der Grad der Verdichtung und die Stabilität der Wand. Zudem fallen die Ausbesserungen, wie z.B. das Stopfen und Ausrichten der Wand wesentlich einfacher, da nicht allzu viele Lücken entstehen und beim Putzen wird weniger Material und Zeit benötigt. Nun aber zum eigentlichen Arbeitsschritt bzw. zur bei uns verwendeten Methode, welche vor dem Einsetzen des letzten Ballen im Gefach stattfinden muss:

Beim Leiferder Strohhaus liegt die Wand auf einer Holzschwelle auf, welche mit 4 cm Abstand zum Fundament montiert wurde, warum dieser Abstand nötig ist, wird gleich deutlich. An den Stellen mit den Aussparrungen für Türen oder Fenster, wo es keine Strohballen gibt, sind mehrere Riegel angebracht, die gleichzeizig als Abtrennung und späterer Ansatz für Türschwelle oder Fensterbrett dienen. Ansonsten gilt ebenfalls folgende Verfahrensweise, nur das hierbei weniger Ballen komprimiert werden müssen, als bei den anderen Abschnitten.
Zunächst muss auf den obersten Ballen ein stabiles(!) Brett oder Rundholz gelegt werden, um die Kräfte bei der Verdichtung etwas steuern zu können und nicht die Wand heraus zu reißen (bei einseitiger oder plötzlicher, ohne Brett o.ä. ausgeführter Komprimierung wölbt sich der jeweilige Wandabschnitt nach innen oder außen, gerät in Schieflage und könnte aus dem Gefach rutschen). Ein Brett, welches in der Wand verbleiben kann, vereinfacht die Arbeit, weil man nicht darauf achten muss, dass es wieder herausnehmbar sein muss; in der Wand stört es nicht. Je Gefach wurden zwei Lkw-Spanngurte unter der Schwelle durch, über das erwähnte Rundholz, bzw. Brett (wäre ohne den Abstand (s.o.) nicht möglich) geführt und mit je einem Spannteil innen oder außen gespannt. Wie eben erwähnt muss hierbei mit großer Sorgfalt vorgegangen werden, da sonst die o.g. Probleme auftreten. Am besten, man führt diesen Schritt bei größeren Wänden mit mehreren Leuten durch, damit spannen, gleichmäßiges komprimieren und nachmessen (die nötigen Zentimeter) reibungslos funktionieren können. Ist der Wandabschnitt um ca. 10% verdichtet worden und eine ausreichende Lücke für den letzten Ballen entstanden, so wird dieser zuerst eingesetzt, bevor man die Gurte löst, um bei dem nächsten Gefach diesen Schritt zu wiederholen.
Dieses Verfahren erfordert nur wenige Arbeitsgeräte und ist leicht durchzuführen. Allerdings werden auch öfter Verdichtungsmöglichkeiten mit Wagenhebern und Gabelstaplern angewendet. Bei der ersten werden entweder vorher ebenfalls Spanngurte angebracht, etwas angezogen und dann der Wagenheber eingesetzt oder aber nur ein Wagenheber verwendet. Jedoch benötigt man ohne zusätzliche Spanngurte Kanthölzer o. ä. als Stütze, damit man den Wagenheber entfernen kann, um den Strohballen einzufügen. Ansonsten sind die Verfahren dem vorgenannten gleich.
Bei zweistöckigen Häusern erwies sich wohl der Gabelstapler oder Frontlader als günstig, da er mehr Kraft aufwenden und größere Höhen erreichen kann, wofür man sonst gegebenenfalls Gerüste bräuchte. Hierbei wird abermals eine feste Unterlage auf dem obersten Ballen benötigt, die die Kräfte verteilt, nur Geschick im Umgang mit solchen Maschinen sollte man haben, um "Katastrophen" zu vermeiden. Diese Möglichkeiten sind zwar auch möglich, dennoch sind sie aufwendiger und (im Fall des Frontladers) kostspieliger als die hier angewendete und somit nicht zwingend notwendig.

Wer jetzt denkt, die "Außenmauern" seien somit fertig und die Arbeit sei getan, der irrt. Denn nun kamen die Sisyphusarbeiten, die da wären (in mehr oder minder chronologischer Reihenfolge):
Lücken zwischen Strohballen und Holzkonstruktion (seitlich, nach oben und/oder unten hin) bzw. zwischen den Ballen selbst (jeweils wegen Unebenjeiten bei der Ballenoberfläche) auszustopfen, die Schnüre von den Strohballen (die das Stroh erst zu einem Ballen zusammenhält) mit der eines anderen übergreifend zu verzurren, und die "Strohballenrasur":

Um die beim Einbau übrig gebliebenen Löcher (entweder bei einem Ballen oder eben in den Zwischenräumen) füllen zu können, wurden kleine "Pflöcke" verwandt, um die ein Bündel Stroh gewickelt und schlichtweg hineingestopft wurde. Dieses Hilfswerkzeug war erforderlich, weil es ausschließlich mit Händen nicht möglich war das Stroh wie gewünscht einzubringen (Handschuhe erwiesen sich bei diesem Arbeitsschritt unnütz, da man nicht das nötige Feingefühl gehabt hätte).

Zum untereinander verknoten der Ballen wurde Kuststoff-Ballengarn verwendet. Bei Übergängen zu Holzständern wurden die Schnüre an einem Nagel befestigt. Das ganze Prozedere dient der Verbesserung der Wandstabilität, da so nicht mehr einzeln ausgefüllte Ausfachungen bestehen, sondern ein Verbund rund ums Haus und zwischen Holzständern und Strohballen entsteht. Als nun die eben erwähnten Arbeiten, vom Einsetzen des Strohs bis zum verknoten der Ballen, beendet waren, mussten die Wände innen und außen "rasiert" werden und zwar mit einer motorisierten Heckenschere, die man vorsichtig (!) über die eingebauten Strohballen führte. War man zu forsch, so wurden die vorher mühsam angebrachten Schnürungen und die ausgeführten Stopfungen zunichte gemacht, was erneutes Engagement zum "Stopfen und Knoten" forderte. Hierdurch wurden die überstehenden Halme entfernt und noch einmal die Ebenheit der Wand verbessert, welche besonders wichtig beim späteren Verputzen sind. In unserem Fall wurde die Wand nicht so eben wie gewohnt, da die Strohhalme nicht horizontal, sondern vertikal verlaufen, und somit schlechter abrasiert werden können. Damit wird allzu dicker Lehmputz an diversen Stellen vermieden, dieser würde schlechter, bzw. langsamer trocknen und dadurch gäbe es Probleme mit dem Halt und den diversen Putzschichten.

Teilweise traten Probleme auf, weil die Ballen nicht die erforderliche Größe aufwiesen. Hierfür kam eine überdimensional große Nadel zum Einsatz, mit der die Ballen abgenäht bzw. ein Strohbündel dran genäht wurde, wenn sie zu kurz oder lang gewesen sind. Dazu wurde einfach in das Nadelöhr ein Band eingeführt und diese dann durch den Ballen an der gewünschten Stelle. Darauf hin wurden die ursprünglichen Schnüre gekappt und man hatte die passende Größe.
Letztendlich stellt die Wandhöhe ein Hindernis beim Einbau dar. Logischer Weise sind Wände höher als die Menschen, die Ständer ausfachen wollen, daher bedarf es viel Körperkraft und mind. 4 Personen, um Strohballen über Kopfhöhe einzusetzen. Außerdem braucht man auf jeder Seite mind. eine Leiter, am besten aber ein Gerüst, da die Leiter nicht erlaubt, viel Druck auf den Ballen auszuüben, um ihn einbauen zu können, sprich: der Aufwand steigert sich mit der Höhe der Wand erheblich. Bei z.B. 2-stöckigen Bauten müssen Fördergeräte, Flaschenzüge o.ä. beschafft werden, da ansonsten ein Einsetzen der Strohballen nicht ohne weiteres möglich ist.


3.3 Schimmel- & Feuchteverhalten

Schon vor dem eigentlichen Anfang vom Strohballeneinbau gilt etwas Wesentliches zu beachten, nämlich die korrekte Lagerung der Ballen selbst, da sie unter keinen Umständen nass werden dürfen. Denn einst feucht gewordene Ballen können nicht mehr durchtrocknen und beginnen zu verrotten und zwar aufgrund der Keimung von Schimmel.
Die Schimmelpilzporen sind in der Natur (hier: im/am Roggen) ständig vorhanden, allerdings hängt die Stärke des Befalls von der Gesundheit der Bestände ab, bzw. von dem Punkt der Ernte: es muss unbedingt darauf geachtet werden, dass das Stroh trocken geerntet wird, dies vermeidet ein Wachstum der vorhandenen Schimmelpilze, sowie die Keimung von vorhandenen Sporen.
Folglich bedeutet es, dass nur trockene Ballen mit einer maximalen Feuchtigkeit von 18% zum Einbau verwendet werden dürfen um eine gewisse Sicherheit diesbezüglich haben zu können.

Im Innenbereich des Hauses dürfen keine Wasserbereiche direkt an die Wand anschließen. Grundsätzlich kann man sagen, dass flüssiges Wasser auf keinen Fall in die Wand gelangen darf und Dampf nur bedingt. Wenn dies der Fall ist (in einem Haus z.B. in der Küche nicht zu vermeiden), so muss der Putz so diffusionsoffen (d.h. Wasserdampf kann in und vor allem aus bzw. durch die Wand gelangen) wie möglich sein, damit ein schnelles Trocknen möglich ist. Außerdem wird meist eine Polypropylenfolie ("Gefitas") als Dampfbremse in den Übergangsbereichen von Boden zu Wand, Wand zu Fenster und Decke sowie direkt auf dem Fundament angebracht, damit keine Feuchtigkeit eindringen kann.

Zum Schutz des Putzes vor Regen wiederum ist von oben her ein weiter Dachüberstand nötig und von unten eine sogenannte Sperrschicht von etwa 30 cm, sprich ein Abstand zwischen Erdboden und Strohballenwand, damit keine Feuchtigkeit von unten eindringen kann.Daran oben hin anschließend ist auch ein Sockelbereich zu empfehlen, um Spritzwasser zu vermeiden, welches gegen den Putz kommen und ihn beschädigen könnte. Solch ein Spritzschutz ist auch an den Fensterbänken ratsam, da es ohne diesen am Lehmputz zu Auswaschungen bzw. Schlagregenschäden an dem Übergang von Fensterbrett zur Wand kommt und somit Wasser in die Wand treten könnte. Auf der Wetterseite ist es möglich die Wand vor Schlagregen zu schützen, indem man eine Verschalung (im Prinzip eine einschichtige Holzwand aus Brettern) zusätzlich zu dem Putz über eben diesem anbringt. Allerdings kann es hierbei zu in dem Kapitel "Ausblick" erwähnten Problemen kommen. Hierbei ist es noch nicht ganz erwiesen, bzw. getestet, ob nun auf der Wetterseite eine Verschalung notwendig ist oder nicht. Fakt ist bisher, dass die Wetterseite oft feuchten Lehmputz aufweist, wie tief das letzlich geht, ist nicht bewiesen.
Um zu diesem Aspekt Nachforschungen anstellen zu können, wurden eigens für das Baubiologische Zentrum von Ingo Behrens Feuchtigkeitsmesssensoren konzipiert. Für den Einbau im Boden-, sowie den Innen- als auch Außenbereich und direkt in die Wand entwickelt, kann diese Sensorik nunmehr Daten über Lufttemperatur und -Feuchtigkeit liefern. Einer der Sensoren befindet sich im Bad, da gerade hier viel Wasserdampf und Feuchtigkeit entsteht. Hierdurch ist uns die Chance gegeben die Feuchtigkeitsentwicklung in und an den Strohballen per Computer überwachen zu können.

Man kann aber auch ohne Forschungen sicher sagen, dass in Gebieten mit viel Regen die Wetterseite durch Verschalung oder durch eine andere Methode, den Kalkputz, geschützt werden sollten, um ein Eindringen von Wasser tunlichst zu vermeiden. Hierbei ist es allerdings fraglich, ob die Minderung der Diffusionsoffenheit durch den Kalkverputz noch zu Feuchtigkeitsansammlung beiträgt oder sie verhindert. Denn das gute Zusammenwirken von Lehmputz und Strohballen im Bezug auf die Feuchtigkeitsregulierung wird durch den Kalk gestört, da dieser weniger Wasserdampf nach außen heraus lässt, also quasi das Trocknen von Ballen und Wand hindert, da nun die Feuchtigkeit, die von den Innenräumen in die Wand gelangt, nicht mehr ausreichend nach außen diffundieren kann.


3.4 Wärmedämmung

Kommen wir nun zu "der" herausragenden Eigenschaft von Stroh, weshalb es als Baustoff eigentlich so interessant ist: der Wärmedämmfähigkeit.
Eine z.B. 50 cm dicke Strohballenwand mit 3 cm Putz außen und 6 cm Putz innen ergibt einen sogenannten k-Wert von 0,11 W/m2k. Im Vergleich dazu weißt eine zur Dämmung benutzte Mineralwollschicht, welche beidseitig mit OSB-Platten beplankt ist, bei einer Stärke von 39 cm diesen Wert auf. Hingegen eine konventionelle Leichthochlochziegelwand, welche 700 kg/m2 wiegt müsste samt Putz sage und schreibe 2,91 m dick sein, um an solch einen k-Wert heranzukommen.
Laut Wärmeschutzverordnung muss eine Außenwand höchstens einen k-Wert von 0,5 W/m2 k aufweisen; der heutige Standart liegt bei ca. 0,25 und hat somit Niedrigenergiehausniveau.
Ein Strohballenhaus hingegen liegt unter dem Wert, welchen ein so genanntes Passivhaus haben muss (0,15 W/m2 k) und dies bei vergleichsweise geringem Kosten-, Arbeits- und Energieaufwand, da Ballen an sich kostengünstig und die Transportwege kurz sind. Zusätzlich ist Stroh problemlos in den Naturkreislauf zurückzuführen (zu recyceln), was bei den steigenden Entsorgungskosten nicht ganz irrelevant ist. Unter anderem diese Tatsachen machen den Strohballen als Dämmstoff bzw. als Baustoff so interessant.


3.5 Brandschutz

Zur Untersuchung der Branschutztauglichkeit von Strohballen wurde eigens ein Brandversuch in der Materialprüfungsanstalt Braunschweig durchgeführt. Bei einer beidseitig ca. 3 cm mit Lehm verputzten Wand ergab sich die Einstufung in die Feuerwiderstandsklasse F90, da die Strohballenwand mind. 90 Minuten dem Feuer standhielt. Voraussetzung für die Bescheinigung, die man braucht um Strohballen als Baustoff zuzulassen und somit die Häuser bauen zu können, ist, dass die Wand "normal entflammbar" ist (B2), auch dieser Wert ist geaährleistet, so dass es keine Bedenken bezüglich des Brandschutzes gibt. Letztendlich ist dies auch daran zu erkennen, dass es bereits Strohballenhäuser in Deutschland gibt, die auch genehmigt werden mussten.
Hinsichtlich der weiteren Verwendbarkeit von Strohballenhäusern nach einem Brand kann man allerdings bisher folgendes schlussfolgern: Aufgrund der Bildung einer ca. 4 cm dicken Verkohlungsschicht unter dem Putz kommt es nach einem längeren Feuer zu Verbindungsproblemen von Lehmputz und Strohballen und der Verbund beider wäre aufgelöst, wodurch es gegebenenfalls zum Abbröckeln des Putzes, auf jeden Fall aber zu einer Schädigung der Dämmung und des Feuchteschutzes, bzw. der Diffusionsoffenheit käme. Diese Fakten sind jedoch erst nach einem Brand wichtig und es wird scharf daran gearbeitet durch Forschungen auch dieses Problem in den Griff zu bekommen. Da in Deutschland noch keine lasttragenden Bauweisen erlaubt sind, kommt es hiernach nicht zu Problemen mit der Baugenehmigung.
Die wirklich relevante Gefahr besteht lediglich während der Bauphase, da viel mit Stroh hantiert wird, bzw. es auch überall verteilt ist und somit ein Brand unter allen Umständen ausgeschlossen werden muss. Dies ist auch der Grund, weshalb darauf zu achten ist, dass die Baustelle jeden Abend gefegt wird und ein generelles Rauchverbot auf dem Bau gilt bzw. Funkenbildung z.B. Werkzeug vermieden wird. Außerdem ist Stroh auf dem Boden auch gefährlich, weil es einen rutschigen Boden verursacht, wo man schnell ausrutschen kann, bzw. auch die Leiter nicht standhält.


3.6 Kosten

Im eigentlichen Sinne sind Strohballenhäuser sehr selbstbaufreundlich, jedoch benötigt man hierfür fachliche Kenntnisse oder zumindest Menschen, die eben solche besitzen. Bei solchen Gegebenheiten sind die Baukosten gut den Materialkosten gleichzustellen und betragen ca. 500 Euro/m2 Wohnfläche. Ist dem nicht so, man also viele Dinge von Handwerkern fertigen lassen muss, so kommen die Kosten mit ca. 1000 Euro/m2 denen eines konventionellen Hauses gleich, denn Arbeit, Nebenkosten für Planung, Erschließung, Ver- und Entsorgung machen gut und gerne 15-20% der gesamten Kosten aus. Strohballen sind zwar mit 7-20 Euro/m2 relativ günstig im Vergleich zu anderen Baustoffen, aber aufwendig in der Verarbeitung, bzw. im Verputzen.


4. Schutzvorrichtungen

4.1 Insekten und Nagetiere

Die unbedingt notwendige Putzschicht schützt zwar auch einigermaßen vor dem Eindringen in die Strohschicht der in diesem Fall nicht erwünschten Lebewesen und dem sonst auftretenden Schäden. Allerdings wird in der Regel ein Einsatz von Kükendraht unter dem Putz empfohlen. Ansonsten wär es bei Rissen o.ä., die nicht sofort verschlossen werden, möglich, dass Mäuse, Ratten usw. eindringen können.


4.2 Witterung

4.2.1 Aufbringen von Lehmputz

Stroh bietet ideale Vorraussetzungen als Untergrund für den Baustoff Lehm. Dessen regionale Verfügbarkeit und sehr gute bauphysikalischen und raumklimatischen Eigenschaften begeistert immer mehr Menschen. Lehm ist ein Baustoff, der sich erwiesener Maßen positiv auf das Raumklima auswirkt. Er hat eine feuchtepuffernde Wirkung und trägt mit dieser Eigenschaft zu weniger trockener Raumluft bei, die zu Beeinträchtigung der Gesundheit, hier vor allem der Atemwege, führen kann (s.a. Heizsysteme).

Dieser Abschnitt bezieht sich auf die Zeit zwischen dem Strohballeneinbau und den folgenden Kleinstarbeiten. Er beinhaltet sowohl Putzauftrag, als auch die letztendliche Wandgestaltung, an Innen- und Außenwänden.

Um Zeit zu sparen, bzw. das im September noch vorherrschende gute Wetter zu nutzen, wurde zeitig begonnen die Wandabschnitte, wo Stopfen, Ausrichten und Rasieren erfolgt waren, für den Lehmputz zu präparieren. Angeleitet durch einen Lehmbauspezialisten machte sich zunächst eine Kleingruppe ans Werk noch die letzten Abdichtungen anzubringen und die Dachsparren von unten zum Schutz vor der Farbe des Lehms mit Leinölfirnis einzustreichen; die Laibungen und Stürze wurden schon während der anderen Arbeiten abgeschrägt, um spätere Kanten zu vermeiden, damit der Putz dort haften kann. Außerdem müssen unbedingt mit Drucklufttackern an sämtlichen Stellen, wo ein Materialwechsel vorherrscht, sprich ein Übergang von Stroh zu Lehmsteinen oder Holz, Schilfrohrmatten angebracht werden. Sie wurden etwas größer als nötig angeheftet, damit sie auch über das Stroh ragen, um Schwachstellen auszuschließen und dann in das Stroh leicht eingedrückt um sehr große Unebenheiten möglichst zu vermeiden. Dieser aufwendige Schritt ist nötig, damit der Lehm an den besagten Regionen überhaupt haftet. Hiernach konnte mit der eigentlichen Arbeit gestartet werden.
Es wurde für den Putz eine Schlämme aus Lehm und Wasser benutzt, die sowohl maschinell (vor allem bei großen Flächen), als auch per Hand großzügig aufgetragen wurde. Generell gibt es keinen Unterschied zwischen maschinell und manuell, außer der Zeitersparnis. Denn bei beiden Möglichkeiten wird erst die Schlämme aufgetragen und dann mit einem Reibebrett abgezogen, d.h. Unebenheiten ausgemerzt und eine mehr oder minder plane Fläche geschaffen. Wichtig ist aber, dass man keinen glatten Untergrund herstellt, sondern Rillen und ruhig einige kleine Löcher in den Lehm drückt, damit so die nächste Putzschicht eine Fläche hat wo sie dran haften kann und ein Verbund entsteht! Ohne diese Gegebenheit würde ein mehrschichtiger Putz entstehen, der nicht oder schlecht halten würde.
Nach und nach wurden so die Wandabschnitte fertig gestellt. Diese erste Schicht musste nun eine Woche trocknen, bevor es weiter ging.

Die zweite Lage ist ein Strohlehm (die vorherige Mischung mit Häckselstroh vermischt), der 2-3 cm stark aufgetragen wird. In dieser Lage wird vollflächig ein Putzgewebe (bei uns Jute) eingebettet, dass die Rissfreiheit des Putzes gewährleistet bzw. einen besseren Verbund der unterschiedlichen Schichten herstellt. Auch diesmal ist eine Trockenzeit von mehreren Tagen nötig (je nach Witterung und Temperatur). Das Trocknen unterstützen können auch Ventilatoren, Heizlüfter oder eben die Heizung (falls sie schon funktioniert), wenn das Haus in nässeren Monaten gebaut wird. Auf jeden Fall ist es wichtig, dass die diversen Lagen gut durchtrocknen, bevor man mit der letzten Schicht beginnt, die sich im Innen- und Außenbereich unterscheiden kann, jedoch nicht muss.
 Aufgrund der winterlichen Wetterlage wird der Außenputz beim Strohhaus in Leiferde im Frühjahr vollendet. Allerdings wird weder Kalkputz noch eine Verschalung angebracht; die letzte Lehmschicht bildet somit die Außenhaut des Hauses.
Im Innenbereich hingegen wurde ein Sand-Ton Gemisch per Hand auf die Wände aufgetragen, das sich durch die unterschiedlichen Tonminerale (gelb, rot und weiß) farblich von Wand zu Wand unterscheidet. Zum Auftragen des Gemischs wurden Kellen genommen, dann der Putz mit Reibebrettern glatt gerieben, bis keine Unebenheiten oder Löcher da waren und dann teils mit Hilfsmitteln wie Pinsel (verleiht der Wand feine Strukturen) oder Finger gestaltet. Um Probleme beim Trocknen dieser Putzschicht zu vermeiden, muss hier bei jedem Materialwechsel ein so genannter Kellenschnitt gemacht werden: das beinhaltet ein kleinen, durch ein Cutter oder eine Kelle gezogenen, Spalt zwischen z.B. Wand und Decke. Dieser ist nötig, da sonst Risse entstehen würden, weil die Wände, Decken, das Holz arbeiten und nicht 100% ihre Form behalten.
Im Gegensatz zum Lehmputz, der rau sein musste, ist es hier lediglich eine Sache des Geschmacks, wie man den Putz gestaltet. Es können z.B. Figuren modelliert, Blätter oder bunte Glasscherben oder Steinchen eingearbeitet oder Schriftzüge eingeritzt werden; es gibt also viele Möglichkeiten dem eigenen Haus ein bestimmtes Profil zu verleihen, wenn man nur kreativ genug ist.


5. Konstruktionen

5.1 Fundamentbauweise

Um einen ebenen, tragfähigen Baugrund für das neue Gebäude zu schaffen, wurde eine Geländeanpassung durch Kiesaufschütten und Erdabtrag vorgenommen. Die Ableitung der Lasten aus dem Holztragwerk in den Baugrund erfolgt durch überwiegend kleinere Einzelfundamente, deren Größe sich nach der Tragfähigkeit des anstehenden Bodens bemisst. Für die Aufnahme der Ringzugkräfte unter den Wänden und als Frostschürze ist ein ca. 30 cm hoher äußerer Betonstreifen vorgesehen. Oberhalb nimmt dieser künftig die Schwelle auf, welche wiederum als Auflager für die sehr breiten, flach liegenden Strohballen dient.
Um die Beton- und Stahlmenge möglichst gering zu halten, wurde auf eine durchgehende Betonplatte verzichtet. Der Innenbereich wurde mit Schotter aufgefüllt, auf den anschließend eine 3-4 cm dünne Betondecke als Sauberkeitsschicht aufgebracht wurde.
Die wesentlich später (Ende November) erfolgte Bodendämmung wurde durch Zellulose hergestellt, welche zwischen die Unterkonstruktion des Bodens gefüllt wurde.


5.2 Innenwanderrichtung

Für die Innenwände wurde zunächst eine Schicht Ytong-Steine als Basis auf die Betonschicht gemauert. Wir haben ca. 10 kg schwere Lehmsteine verwendet, die mit Lehm-Sand Mörtel verbunden wurden. Diese haben gegenüber Lehmziegeln den Vorteil, dass sie in der Lage sind Feuchtigkeit aufzunehmen und wieder abzugeben, da sie nicht gebrannt sind. Diese Eigenschaft ist beim Strohballenhaus durchaus wünschenswert, da so der Wärmehaushalt und die Luftfeuchteregulation der Strohballenwände unterstützt werden, zumal Strohballen an sich nicht gut Wärme speichern können, jedoch die Lehmsteine.
Natürlich haben nicht alle Steine ein perfektes Maß gehabt, so dass diese passgenau zugesägt werden mussten, welches aber leicht durchzuführen war. Die beiden Balken, die man noch heute in den beiden Büros etwas aus der Wand treten sieht, wurden mit eingemauert; sie dienen der Versteifung, bzw. leiten die Lasten, die auf die Wand einwirken in den Boden ab. Nach ca. einer Woche standen die Mauern und es ergab sich folgende Raumaufteilung: der nördlichste Raum ist der Technikraum, danach kommen etwas weiter südlich zwei kleine Bäder mit Dusche, dessen gemeinsamer Flur nun in den zentralen Eingangsbereich übergeht. Von hier aus hat man Zutritt zum wesentlichsten Zimmer, dem Seminarraum und den beiden Büros (mittleres und östliches Zimmer).


5.3 Die diversen Konstruktionsarten

Um Strohballenhäuser bzw. deren Wände zu errichten, kann man grundsätzlich zwei unterschiedliche Bauweisen anwenden: die lasttragende oder die Ständerkonstruktion.
Die lasttragende Konstruktionsart, auch Nebraska-Bauweise genannt, wird in Deutschland derzeit noch nicht anerkannt, es werden jedoch u. a. vom Fachverband für Strohballenbau (fsb) weitere Forschungsmaßnahmen dazu angestrebt. Abgesehen von Versuchsbauten sind in Deutschland keine weiteren lasttragenden Strohballenhäuser vorhanden. In Zukunft werden (nach Genehmigung) jedoch in der Regel zweigeschossige Gebäude möglich sein.
Diese Bauweise kommt gänzlich ohne Stützelemente aus, den die Strohballen tragen hierbei die Last der Decke und des Daches. Zur Aussteifung der Wand werden Stangen aus Stahl, Bambus oder Holz im Fundament verankert und darauf die Strohballen aufgespießt. Ist die gewünschte Wandhöhe erreicht, so wird obenauf ein Ringanker (starke Holzlattung) gesetzt und gegen das Fundament verspannt, damit eine ebene Fläche gebildet und eine vorweggenommene Absenkung erreicht bzw. die Wandstabilität dadurch erhöht wird. Um nun noch "ein Abheben des Daches zu verhindern, werden Drähte über die obere Wandabdeckung geführt, am Fundament befestigt und mit Spannschlössern gestrafft". Nach abgeschlossener Setzung von vier bis acht Wochen werden die Wände innen und außen verputzt.

Doch um eine höhere Standfestigkeit zu erhalten, etwas präziser arbeiten zu können und auch um mehrgeschossige Bauten zu bauen, wurde erstmals im Jahre 1936 in den USA ein Fachwerkhaus mit Strohballen ausgefacht ("ausgefüllt").
Bei der sogenannten Ständerbaukonstruktion haben die Strohballen quasi keine Lasten zu tragen, außer sich selbst, den Putz und / oder die Verschalung. Übernehmen somit keine Aufgaben der Standsicherheit. Denn die Ballen dienen bei dieser Variante als "Füllmaterial" einer Ständer- bzw. Pfostenkonstruktion, die meist aus Holz besteht und alle vertikalen und horizontalen Lasten in den Baugrund ableitet. Das Stroh übernimmt allerdings noch immer den wesentlichen Teil beim Wetterschutz und der Wärmedämmung.

Für das Baubiologische Zentrum wurde eine Holzrahmenkonstruktion gewählt, wobei die Gefache etwa Ballenbreite aufwiesen und durchgängig bis unter die Decke mit Kleinballen ausgefüllt wurden. Es wurde Roggenstroh erwandt, welches zu Ballen in drei unterschiedlichen Länegen (50, 70 und 90 cm) aufgepresst wurde, um für die unterschiedlichen Erfordernisse Ballen vorrätig zu haben. Breite und Höhe der Ballen war mit 46 x 35 cm für alle gleich.


6. Heizsysteme

6.1 Unterschiede der Heizmöglichkeiten

Empfundenes Wohnklima und Behaglichkeit hängen in erster Linie von der Art der Wärmeübertragung ab.
In der Klimatechnik kennt man zwei grundsätzliche Prinzipien der Wärmeübertragung zur Innenraumbeheizung: Konvektion und Wärmestrahlung.
Das Konvektionsprinzip durch Heizkörper ist das derzeit meist verbreitete Prinzip der Raumheizung. Hierbei gelangt die kalte Raumluft in den unteren Teil des Heizkörpers, wird erwärmt und tritt oben wieder aus. Die warme Luft steigt nach oben, kühlt sich langsam wieder ab und sinkt nach unten, wo sie erneut in den Heizkörper gesaugt wird; es ergibt sich quasi eine Luftströmung. Diese Variante hat den Nachteil, dass am Boden die kühlere Luft ist und zur Decke hin die wärmere. Zusätzlich wird die Raumluft trockener, da sie als sogenanntes Zwischenmedium erwärmt wird. Das heißt, der Mensch wird durch den direkten Kontakt mit der warmen Luft erwärmt.
Wir aber haben uns bewusst für die Innenraumbeheizung durch Wärmestrahlung entschieden. Die Vorteile, gerade bei mit Lehm verputzten Wänden, sind schnell deutlich: Systeme, wie Wand-, Fußboden-, Decken- und Sockelheizungen sowie Lehmgrund- und Kachelöfen schließen Luftbewegungen weitgehend aus. Die Wärme wird hierbei lediglich durch Strahlung übertragen, ähnlich wie bei der Sonne, die Luft wird dabei kaum erwärmt, bleibt somit auch feuchter und trocknet nicht aus. Zusätzlich entstehen wenige Wärmeunterschiede im Raum, es ist überall ähnlich warm.
Bei Wandheizungen fungieren die Wände (die bei Konvektionsheizungen kalt sind und Wärme entziehen) als Wärmespeicher und -strahlungskörper, dadurch spart man einerseits Geld, da sie nicht der Raumluft Wärme entziehen und andererseits kann schnell ein wohliges Raumklima geschaffen werden.


6.2 Heizsystem des Baubiologischen Zentrums

Im Baubiologischen Zentrum ist eine Wandtemperierung nach Großeschmidt mit einem einfachen Vor- und Rücklauf installiert, die durch eine Kombination aus Pelletofen und Sonnenkollektoren, die beide Warmwasser erzeugen, versorgt wird. In den Räumen, wo die Wände aus Lehmsteinen bestehen, war diese Form der Wandheizsysteme leider nicht möglich, daher wurden hier gewöhnliche Konvektionsheizungen angebracht, die allerdings ebenfalls durch heißes Wasser von Sonnenkollektor und Ofen gespeist wird.

Bei dem Solarsystem wurden Sonnenkollektoren gewählt, da sie zwar schwächer, aber auch schlichtweg günstiger als die effektiveren Vakuumröhrenkollektoren sind.
Der Unterschied in der Effizienz beider ist folgender:
Bei den Sonnenkollektoren erwärmen die auftreffenden Sonnenstrahlen direkt das Wasser, welches in Röhren durch den Kollektor fließt und erhitzt zum Kessel geleitet wird.
Die Vakuumröhrenkollektoren hingegen bestehen aus mehreren Glasröhren die parallel zueinander über einem zusätzlichen Flachspiegel angeordnet sind. Im Innern der Glasröhre befinden sich Kupferrohre mit der wärmeleitenden Flüssigkeit in einem Vakuum, wodurch quasi ein Thermoskanneneffekt erzeugt und ein großer Wärmeverlust verhindert wird. Die Flüssigkeit gelangt in den Speicher, wo sie dann ihrerseits das Wasser erhitzt. Somit wird einerseits durch die zusätzliche Lichtreflektion, andererseits aufgrund der besseren Wärmenutzung eine 20% höhere Leistung gegenüber den üblichen Sonnenkollektoren erzielt, besonders im Winter, wo in unseren Regionen nur diffuses Licht vorhanden ist.
Weiterhin wurde sich bewusst für einen Pelletofen und gegen Gas- oder Ölheizung entschieden, da es schlichtweg paradox wäre in einem Haus, welches mehr oder minder aus nachwachsenden Rohstoffen besteht, eine Heizung zu betreiben, die fossile Rohstoffe verheizt.
In Pelletöfen verbrennen CO2 -neutral kleine Holzpellets, das sind kleine zylindrische Presslinge aus Hobel- und Sägespänen und somit reine "Abfallprodukte"; es müssen dafür nicht extra Bäume gefällt werden. Eine Füllung des Vorratsbehälters im Dachbereich reicht nahezu ein Jahr aus. Die Pellets rieseln der Schwerkraft folgend in den Speicher des Ofens, so dass ein ständiges nachfüllen und beobachten nicht nötig ist. Ein gut gedämmtes Einfamilienhaus benötigt eine durchschnittliche Jahresfüllung von ca. 8 m3. Die Asche aus dem Ofen muss lediglich 3-5 mal im Jahr entfernt werden. Mit einem Energiegehalt von mibd. 4,7 kWh/kg entsprechen 2 kg Pellets einem Volumen von ca. einem Liter Heizöl.


7. Ausblick

7.1 andere Strohballenhäuser

In Deutschland wächst seit einigen Jahren das Interesse am Strohballenbau. Inzwischen bereiten mehrere Klein- und Versuchsbauten den Einsatz dieser Technik im großen Stil vor und es sind mittlerweile bis Anfang 2005 rund 19 Wohnhäuser entstanden. Ein Stillstand ist nicht zu erwarten, im Gegenteil, bis Ende 2005 sind sogar weitere 13 fertig gestellte Häuser u. a. in Saarbrücken, dem Ökodorf Sieben Linden in Poppau (bei Klötze), Mecklenburg Vorpommern und Münster zu erwarten, das Baubiologische Zentrum vom NABU Kreisverband Gifhorn in Leiferde nicht zu vergessen. Oft wird die Familie Warmuth (Biobauern) aus der Rhön in der Nähe von Fulda im Zusammenhang mit Strohballenbauten genannt, da sie zu den Pionieren dieser Bauweise in Deutschland gehört. Deren Strohballenhaus wurde im Jahr 2000 in Holzständerbauweise errichtet, wofür sie eigens Kontakte zu Netzwerken der USA und von Europa geknüpft hatten, um nötiges Wissen zu erlangen. Anders als gewöhnlich bauten sie ihr Haus allerdings auf Stelzen, um es vor Feuchtigkeit zu schützen, anstatt ein Fundament zu errichten.


7.2 Zukunft der Bauweise

Anlässlich des ersten deutschen Strohballenbautreffens gründete sich im Juli 2002 der "Fachverband Strohballenbau" (fsb) im Ökodorf Sieben Linden. Der fsb will dem offenen, kooperativen Austausch unter Strohballenbauinteressierten und -Bauern einen Rahmen geben, so entsteht ein dauerhafter Zugang zu dem bereits erworbenen Wissen und vor allem der praktischen Erfahrung überall in Deutschland und Jedermann hat die Möglichkeit sich davon zu bedienen. Zusätzlich setzt sich der Verbund vor allem für die Weiterentwicklung des Strohballenhaus ein, hierbei sollen neben der regionalen Verfügbarkeit der Ballen, auch die Produzierbarkeit und die Allgemeine Bauzulassung (ABZ) erreicht werden. Bei letzterer hat sich vor allem der Nachweis der Normalentflammbarkeit und Schimmelresistenz von Strohballen als Hürde offenbart, so dass Strohballen als Baustoff in Deutschland noch nicht zugelassen sind. Nach einer Zustimmung im Einzelfall werden Strohballenhäuser aber in der Regel problemlos genehmigt.
Außer in den eben genannten Bereichen wird fieberhaft an einer Entwicklung einer neuen Komprimierungshilfe gearbeitet. Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung der "Frontlader-Methode": die Hilfe besteht im Prinzip aus je einer Gabel (oben und unten), die an einer zwischen 2 und 3,30 Metern höhenverstellbaren Achse befestigt sind und an das Gefach heran gefahren werden kann, da sie Rollen besitzt. Durch ein Gewinde bzw. eine Kurbel werden die Gabeln gleich einer Schraubzwinge zusammengeführt und komprimieren dadurch die Wand, ohne Strom wohl gemerkt. Für den Aufbau und die Bedienung benötigt man nicht mehr als eine Person. Es ergibt sich eine Arbeitszeitersparnis von etwa 40 Stunden. Diese Idee einer mechanischen Komprimierungseinheit ist allerdings noch nicht ausgereift genug, da sie noch sehr ziel genau eingepasst werden muss und beim Verdichtungsvorgang nicht fest auf dem Boden stehen bleibt, wodurch ein Einsetzen des letzten Ballens unmöglich ist.

Vor allem in Österreich ist die Anlehnung an den Holzrahmenbau der Trend zur Holzverschalung von Strohballenwänden entstanden, ja gar fertige Wandelemente, wo Strohballen lediglich eingeführt werden, sind im kommen. Einerseits wird allerdings der Strohballen auf seine Eigenschaft als Dämmstoff reduziert und übernimmt keinerlei tragende Aufgaben. Andererseits wird damit versucht die Probleme, die sonst durch Schlagregen an Lehmputz auftreten können, durch die geprüften Verschalungen zu umgehen. Obwohl es nicht unbedingt bestätigt ist, dass solche Schäden kurz oder mittelfristig zu erwarten sind, im Gegenteil: Beobachtungen von nahezu 100 Jahren alten Häusern zeigen, dass der Lehmputz all die Jahre gut überstanden hat. Zusätzlich muss erwähnt werden, dass gar Plattenverschalungen Probleme aufweisen können, da sie eben sind, die Strohballen jedoch uneben, dadurch kann sich Wasser ansammeln und negatives Feuchteverhalten auftreten, das u. U. eine Schimmelgefährdung mit sich bringt. Fakt ist jedoch, dass durch die Fertigteil-Bauweise tatsächlich vorhandene Risiken bei Wind und Wetter ausgeschaltet werden. Vorteile wie das hohe Aneignungspotential, die Möglichkeit viel selbst zu leisten und somit der geringere Kostenfaktor sind damit allerdings außen vor und kaum möglich.
Wer heute mit Strohballen baut, bringt sicherlich noch Pioniergeist, Mut und einige Risiken mit. Morgen aber besitzt er dafür ein gesundes, umweltfreundliches Haus, schadstofffrei und günstig bei den Heizkosten. Vor allem aber hat er seinen Teil dazu beigetragen globale, durch den Menschen ausgelöste Umweltprobleme, zu mindern.


7.3 Forschung

Viel Fachwissen über das Bauen mit Stroh muss jedoch erst wieder entdeckt und neu erworben werden und in praktischer Erprobung münden. Für eine breite Anwendung der Bauweise ist es wichtig, dass Schäden durch Feuchte (Schlagregen, Diffusion, Konvektion) und durch Schädlingsbefall ausgeschlossen werden können. Die Dauerhaftigkeit und Wartungsintensität von Putzoberflächen muss genauer untersucht werden. Die bisherigen Erfahrungen aus anderen Ländern wie Österreich, Dänemark, USA und Kanada lassen erwarten, dass sich ein fachgerecht errichtetes Strohballenhaus auch unter baubiologischen Kriterien bewährt. Es verbinden sich die Vorteile des Lehmbaus mit denen von hoch gedämmten Ausführungen, mit angenehm warmen diffusionsoffenen Wandoberflächen ohne großen Heizwärmeeintrag, was sich auch positiv auf die in der Luft verwirbelten Staubteilchen auswirkt. Durch die hohe Wärmedämpfung der Strohballenbauteile und das große Wärmespeicherungsvermögen der relativ dicken Putzflächen wird ein ausgeglichenes Raumklima, Sommers wie Winters erreicht.
Um gesicherte Erkenntnisse über die bauphysikalischen Eigenschaften des Baustoffes Stroh von der Erstellung bis zur Nutzung der Gebäude zu erlangen, erfolgt eine Kooreration mit dem Institut für Betriebstechnik und Bauforschung der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) in Braunschweig sowie dem Fachverband für Strohballenbau. Hierzu wurden entsprechende Messonden in die Strohwände eingebracht, um nähere Informationen über Wärmeleitfähigkeit und Feuchteverhalten zu erhalten.


8. Literatur

BRINKMANN, RUDOLF 2002:
Strohballenbau: Presseberichte und andere nützliche Adressen. Osnabrück

MEENEN, BJÖRN 2004:
Konzeption einer Komprimierungsvorrichtung. Lüneburg: Fachverband Strohballenbau e.V.

REX, M., RÜGER, B., SCHARMER, D. 2004:
Strohballenbau in Deutschland. Lüneburg: Fachverband Strohballenbau e.V.

REX, M., SCHARMER, D. 2004:
Mehrgeschossiger Strohballenbau. Lüneburg: Fachverband für Strohballenbau e.V.

ROTHFUSS, S., SCHARMER, D. SCHWARZMÜLLER, E.:
zweites deutsches Strohballenbautreffen

RÜGER, BURKARD 2004:
Putzoberflächen auf Strohballenwänden. Lüneburg: Fachverband Strohballenhaus e.V.

SCHARMER, DIRK 2003:
Naturnahes Bauen für gesundes, nachbarschaftliches Leben. Lüneburg: Wand 4, Büro für wesentliche Architektur

STENGEL, MARTIN 2004:
ISBBC 2004. Lüneburg: Fachverband Strohballenbau e.V.

WIELAND, HANSJÖRG 2004:
Mikrobielle Empfindlichkeit von Baustrohballen. Lüneburg: Fachverband Strohballenhaus e.V.

BAUWEISE DER ZUKUNFT 2002:
Wohnung und Gesundheit.

SB-PROJEKTE IN DEUTSCHLAND 2005:
Lüneburg: Fachverband für Strohballenbau e.V.

Internet
www.fasba.de
www.anderssehn.de/sub/tripod/index.html
www.infoholz.de
www.solarmix.de

Gefördert aus Mitteln von BINGO! Die Umweltlotterie und der Eurpäischen Gemeinschaft