Die Nachtigall im Landkreis Gifhorn

Untersuchungen über die Siedlungsdichte, die Struktur der Brutbiotope
und die Häufigkeit ihrer Besetzung in den Jahren 1995-98

Hans-Georg Schemmann

Vorbemerkung

Die Nachtigall wurde vom Naturschutzbund Deutschland zum "Vogel des Jahres 1995" ausgewählt, da ihr Bestand in großen Teilen der BRD bedroht ist (z.B. Rote Liste für Niedersachsen: Stufe 3 "Gefährdet").
Für das Kreisgebiet Gifhorn lagen zu diesem Zeitpunkt nur einzelne Erhebungen für wenige Bereiche vor.
Daher begann ich 1995 mit einer Kartierung der Brutreviere im ganzen Kreisgebiet.
Von 1995 - 1998 konnte ich insgesamt 372 Reviere feststellen, die von
singenden Nachtigallen-Männchen während der Brutperiode besetzt waren.
Es war das vorrangige Ziel der Kartierung, die Biotope festzustellen, in denen die Nachtigallen im Kreisgebiet siedeln (Revier-Kartierung). Durch die Kenntnis der "Nachtigallen-Biotope" können entsprechende Vorkehrungen für den Schutz dieser gefährdeten Vogelart getroffen werden. Während der vierjährigen Beobachtungszeit ergaben sich folgende Fragestellungen:
1. Wo liegen die Reviere im Landkreis?
2. Gibt es Siedlungsschwerpunkte oder Gebiete, in denen die Nachtigall nicht vorkommt ?
3. In welchen Biotopen liegen die Reviere ?
4. Lassen sich die verschiedenen Biotope "typisieren" ?
5. Wie groß ist der Anteil der verschiedenen Biotop-Typen an der Gesamtzahl ?
6. Wie häufig wurden die verschieden Biotop-Typen besetzt ?
7. Welche Reviere liegen in geschützten Gebieten :In Naturschutzgebieten (§24) und in Landschaftsschutzgebieten (§26)?
8. Wie oft wurden die einzelnen Biotope in den Jahren 1995-98 besetzt ?
9. Gab es Veränderungen der Biotope in den Jahren der Untersuchung ?
10. Wie reagieren andere Vogelarten auf das Abspielen der Klangattrappe ?

In den folgenden Abschnitten werden diese Fragen näher behandelt. Viele Hinweise, die ich während der Untersuchung von Forstleuten und Ornithologen erhielt, trugen zum Gelingen des Vorhabens bei. Dafür möchte ich mich bei allen bedanken, besonders aber bei Herrn W. Paczkowski, Meine, der mir wichtige Daten aus seinem Beobachtungsgebiet mitteilte.

1. Das Verfahren zur Feststellung besetzter Biotope
Etwa von Mitte April an treffen die Nachtigallen-Männchen - aus ihren Überwinterungsgebieten im tropischen Afrika kommend - im Landkreis Gifhorn ein. Sie besetzen geeignete Biotope und locken mit ihrem Gesang die später eintreffenden Weibchen in ihre Reviere.
Da die Weibchen häufig in der Nacht ziehen, ist der Reviergesang der Männchen nicht nur tagsüber, sondern auch nachts zu hören.
Während der Brutperiode (Mai - Juni) singt das Männchen zu verschiedenen Zeiten und legt immer wieder längere Pausen ein.
Da es sehr zeitaufwendig ist, so lange zu warten, bis das Männchen in Gesangsstimmung ist und ein besetztes Revier anzeigt, spielte ich eine Tonbandaufnahme des Nachtigallen-Gesanges ab (Klangattrappe), wenn ich einen geeigneten Lebensraum vorfand. Ein anwesendes Männchen antwortete i. d. Regel spontan mit Gesangsstrophen und Warnrufen.
Diese Methode zur Feststellung besetzter Biotope hat sich während der vier Beobachtungsjahre bewährt und führte zu sicheren Ergebnissen.
Auf das Abspielen der Klangattrappe reagierten auch einige andere Vogelarten, die sich in der Nähe aufhielten: Am-sel, Rotkehlchen und Buchfink. Sehr häufig antworteten Mönchsgrasmücke und Neuntöter mit Warnlauten und Gesang. Einige Vogelarten flogen nur ab, andere reagierten in keiner Weise auf die Tonbandstimme der Nachtigall.

Nachtigallenreviere
Nachtigallenreviere

2. Die Verteilung der Brutbiotope im Kreisgebiet
Der Landkreis Gifhorn gehört mit einer Fläche von 1.561 km² zu den größten Kreisgebieten in Niedersachsen. Die Ausdehnung von Norden nach Süden beträgt 67 km, die von Westen nach Osten 51,5 km. Es war das Ziel dieser Untersuchung, das Vorkommen der Nachtigall möglichst im gesamten Kreisgebiet festzustellen. Daher wurden auch entlegene und schwer zugängliche Bereiche aufgesucht.
Als Grundlage für die Planung der einzelnen Exkursionen dienten die topographischen Karten 1 : 25.000 (TK 25) des Niedersächsischen Landesverwaltungsamtes. Auf diesen Karten lassen sich die Landschaftsstrukturen gut erkennen und daher auch Vermutungen über die Lage geeigneter Brut-Biotope anstellen. Da die Lebensraum -Ansprüche der Nachtigall bekannt sind, ist es dadurch leichter, bestimmte Flächen aus der Untersuchung herauszulassen (z.B. großflächige Nadelwälder oder ausgeräumte Feldfluren).Es wurden alle Gebiete aufgesucht, in denen Nachtigallen-Reviere vermutet werden konnten.
Im Verlaufe des ersten Jahres stellte sich heraus, dass bei der großen Gesamtfläche des Landkreises mehr Zeit erforderlich war als ursprünglich vorgesehen. Die Untersuchung dehnte sich schließlich auf vier Jahre aus (1995-98).
Im Jahr 1995 wurden 191 besetzte Biotope gezählt, 1996 kamen 85, 1997 nochmals 82 und 1998 schließlich noch 14 hinzu. Insgesamt konnten im Kreisgebiet 372 besetzte Nachtigallen-Reviere kartiert werden.
Wie häufig die einzelnen Biotope in den vier Jahren von singenden Männchen besetzt waren (1x bis 4x), wurde ebenfalls untersucht ( s. unter 5.)
Die Verteilung aller Reviere auf der Kreisfläche (s. Lageskizze) zeigt Häu-fungen in den Talauen nahe der Oker, der Aller und der Ohre, besonders aber östlich von Rühen im Kaiserwinkel (östlicher Drömling).
In diesen Landschaftsteilen sind Vegetationsstrukturen vorhanden, die eine Ansiedlung der Nachtigall begünstigen, während in anderen Gebieten nur ein spärliches Vorkommen oder sogar ein völliges Fehlen geeigneter Biotope festgestellt werden konn-te.
Bei der Durchführung der Exkursionen stellte sich heraus, dass die vorhergehende Auswertung der topographischen Karten eine gute Vorstellung über die tatsächliche Landschaftsstruktur ermöglicht hatte und dadurch die Untersuchung erleichtert wurde.
Einige Exkursionen führten jedoch nicht zu den erwarteten Ergebnissen, andere wiederum erbrachten neue Erkenntnisse.
So stellte ich mehrere Biotope fest, die sich nach meinem Kenntnisstand durchaus
als Nachtigallen-Brutreviere eignen wür-den, aber im gesamten Untersuchungszeitraum nicht besetzt waren. Im Gegensatz zur Darstellung auf den to-pografischen Karten fand ich verschiedene Landschaftsteile durch menschlichen Eingriffe stark verändert vor: Umwandlung von Wald in Ackerfläche, Auf-forstung von Wiesen und Feldern, auch Rodungen von Hecken und Waldrandstreifen. Diese Veränderungen wa-ren noch nicht in den aktuellen Ausgaben der Topographischen Karten (TK25) verzeichnet.

3. Die Lebensraumansprüche der Nachtigall
Von den vielen Kriterien, die für die Auswahl des Biotops eine Rolle spielen, scheint die Vegetationsstruktur des Lebensraumes der entscheidende Faktor zu sein:
Im Gelände muss ein reicher Unterwuchs und eine Bodenschicht aus verrottendem Laub vorhanden sein. Dich-tes Gebüsch, Hecken oder junger Baumwuchs mit einer üppigen Kraut- und Staudenschicht bilden eine Vegetation, in der die Nachtigall ihre Nahrung findet, der ihr Versteckmöglichkeiten und einen schattigen Platz für ihr bodennahes Nest bietet.
Diese Struktur ist an unterholzreichen Waldrändern vorhanden, an denen jüngere, lichte Laubgehölze eine reiche Kraut- und Strauchschicht zulassen.
Einen bevorzugten Lebensraum bieten Auwälder, in denen die Verjüngung des Unterholzes durch regelmäßige Überschwemmungen, verbunden mit Eis- und Frostbildung, im Jahresrhythmus stattfindet.
Da die Nachtigall sowohl in trockenen als auch in feuchten Gebieten brütet, sind ihre Ansprüche an die Bodenfeuchtigkeit noch nicht eindeutig geklärt.
Es liegt jedoch die Vermutung nahe, dass die Vegetationsstruktur bei der Habitatwahl von größerer Bedeutung ist als die Beschaffenheit des Bodens.
Außerdem findet die Nachtigall in lichten Feldgehölzen mit einer reichhaltigen Strauch- und Krautschicht günstige Lebensbedingungen.
Es werden auch häufig Weidendickichte, Erlenbruchwälder, Verlandungszonen stehender Gewässer und breite, ausgedehnte Hecken als Brut-Reviere angenommen.
Die Größe des Reviers hängt in erster Linie von seiner Beschaffenheit ab.
Ist eine üppige Kraut- und Strauchfläche mit einem ergiebigen Nahrungsangebot vorhanden, so kann eine Fläche von 1300 m² ausreichen. Bei ungünstigen Bedingungen benötigt die Nachtigall bis zu 20.000 m², um ihren Nahrungsbedarf zu decken.
Die früh eintreffenden Männchen besetzen i. d. Regel auch die günstigsten Reviere, die sich durch die Ankunft weiterer Nachtigallen verkleinern können.
Die einjährigen Männchen treffen später ein und besetzen dann die Randgebiete mit weniger optimalen Bedingungen.

4. Die Struktur der festgestellten Biotope und ihre Typisierung
Die im Landkreis Gifhorn kartierten Brutreviere wiesen bestimmte Merkmale in der Vegetationsstruktur auf. Eine typische Höhenschichtung konnte in den meisten Biotopen festgestellt werden:

1. Am Boden lag eine üppige Schicht aus verrottendem Falllaub, in der zahlreiche Nahrungstiere lebten.
2. Darüber wuchs eine Kräuter- und Staudenschicht. Oft bestand sie aus Brennnessel-Stauden, die dem bodennahen Nest eine gute Deckung boten.
3. Den größten Bereich bildete eine Strauchschicht (Weißdorn, Schlehe, Holunder und Weidenarten), in der sich die Nachtigall häufig aufhielt.
4. In vielen Biotopen überragten einzelne Bäume oder lockere Baumgruppen die unteren Schichten. Sie spendeten Schatten, ohne die darunter liegende Vegetation im Wachstum einzuschränken.
5. Diese Bäume (Eichen, Birken, Pappeln, Erlen, Buchen, Eschen und Vogelbeeren) sorgten auch für eine dichte Falllaubschicht am Boden.

Die besetzen Biotope lassen sich in vier verschiedene Typen gliedern:
" Hecken (Gebüschreihen als Heckenstreifen, vor-wiegend aus Weidenarten von unterschiedlicher Ausdehnung, aber von mindestens 5 m Breite.)
" Auwälder (An Bach- und Flussufern und in Talauen gelegen, Senken an Laubwaldsäumen, Er-lenbruchwälder.)
" Feldgehölze (Waldinseln innerhalb von Feldern mit einer Schichtstruktur : Falllaubschicht, reichlich Kräuter und Stauden, ausgeprägte Strauchschicht und lockerer Laubbaumbestand.)
" Waldränder (Waldsäume mit einer gestuften Struktur, die alle vier Schichten aufwies.)
Der Anteil dieser vier unterschiedlichen Biotope an der Gesamtzahl aller
372 kartierten Brutreviere betrug:

Hecke 196 Biotope (53 %)
Auwald 61 Biotope (16 %)
Feldgehölz 78 Biotope (21 %)
Waldrand 37 Biotope (10 %)

Je nach Lage und Bodenbeschaffenheit variierte die Anzahl der Pflanzenarten und die Zusammensetzung der Pflanzengesellschaften.

5. Häufigkeit der Besetzung der 4 verschiedenen Biotop-Typen
Im Untersuchungszeitraum (1995-98) konnten insgesamt 372 besetzte Reviere in den Biotop-Typen Hecke, Auwald, Feldgehölz und Waldrand festgestellt werden. Aus der Gesamtzahl aller Reviere (372) wurden 124 Reviere (35 %) ausgewählt, die über den ganzen Zeitraum von 4 Jahren beobachtet werden konnten. Es wurde kontrolliert, wie häufig die einzelnen Biotope in dieser Zeit besetzt waren.
In der Rangfolge aller Biotop-Typen steht das Feldgehölz mit durchschnittlich 3.19 x Besetzung in den 4 Jahren an erster Stelle, obwohl es in dieser Untersuchung zahlenmäßig zur zweitgrößten Gruppe gehört. Die Hecke dagegen, die den größten Anteil dieser Gruppe wie auch in der Gesamtheit aller 372 kartierten Biotope darstellt, nimmt hier nur den zweiten Platz ein. Auf dem dritten Rang-platz steht der Biotop Auwald. An vierter Stelle folgt schließlich mit etwas größerem Abstand der Waldrand.

 

6. Bewertung der Untersuchungsergebnisse unter dem Aspekt des Naturschutzes
Im Landkreis Gifhorn wurden in den Jahren 1995-98 insgesamt 372 von singenden Nachtigallen besetzte Revie-re festgestellt. Die Siedlungsdichte in den naturräumlichen Regionen "Weser-Aller-Flachland" und "Börden" (8340 qkm) beträgt 0.19 - 0,45 Brutpaare je qkm. (s. Atlas der Brutvögel Niedersachsens 1981-95, S.206) Ihre Verteilung auf der Kreisfläche ist abhängig von dem Vorhandensein geeigneter Biotope in den Landschaftsteilen. Bei der Typisie-rung ergaben sich 4 verschiedene Biotop-Typen:
Hecke, Feldgehölz, Auwald und Waldrand.
Der Anteil der einzelnen Biotop-Typen an der Gesamtzahl ist unterschiedlich groß:
Anzahl der Biotope Anteil an der Geszahl
1. Hecke 196 53 %
2. Feldgehölz 78 21 %
3. Auwald 61 16 %
4. Waldrand 37 10 %
__________
372
Damit ist die Hecke der insgesamt am häufigsten besetzte Lebensraum der
Nachtigall im Landkreis Gifhorn.
In den Jahren 1995, 1996 und 1997 wurden die meisten Reviere kartiert und alle bisher bekannten auch kontrolliert.
Die Anzahl der festgestellten singenden Männchen stieg von 191 im Jahr 1995 auf 215 im Jahr 1996 und schließlich auf 258 im Jahr 1997, da in jedem Jahr neue Reviere entdeckt wurden. Aus Zeitmangel konnten 1998 nicht alle bis dahin bekannten Reviere kontrolliert werden.
In den aufeinanderfolgenden Jahren wurden nicht alle kartierten Reviere stets wieder besetzt.
Möglicherweise bevorzugten die Nachtigallen dafür andere Biotope. Auch scheint die Zahl der zurückkehrenden Männchen jährlich zu schwanken.
Die besetzten Biotope befinden sich zu 86 % außerhalb von menschlichen Siedlungen. Es wurden nur 52 (14%) von insgesamt 372 Revieren innerhalb bzw. in der Nähe von Ortschaften festgestellt.
Dieses Verhältnis war früher anders, wie ein Braunschweiger Naturfreund vor 90 Jahren berichtete: "Vor etwa 50 Jahren konnte man bei einem Spaziergange um die Promenade der Stadt an einem Maiabende 15 - 20 Nachtigallen schlagen hören,
jetzt vielleicht drei bis vier. Früher gab es viel weniger Wohnhäuser und viel mehr größere Gärten an den Promenaden, namentlich waren aber die Promenaden mit dichten Gebüschen etwas wild und waldähnlich, während jetzt jeder Busch ängstlich von dem trockenen Laube des Vorjahres befreit und ausgeharkt und die Rasenflächen schön blank und kurz frisiert werden." (s. Naumann, S.15)
Diese Tendenz hat sich in den folgenden Jahrzehnten weiter fortgesetzt: Das Leitbild für eine gepflegte Garten- und Parkanlage führte unweigerlich zur Zerstörung von Lebensräumen, die sich für die Ansiedlung von Nachtigallen eignen.
Durch die Vertreibung in außerörtliche Gebiete, in denen noch "Nachtigallen-Biotope" vorhanden waren, wurde auch die Begegnung mit dem einmaligen Gesang für viele Menschen seltener.
Von der Nachtigall, einer bei uns früher häufigen Vogelart, könnte man heute sagen:
"Viele kennen ihren Namen, einige erkennen sie an ihrem Gesang, doch nur wenige haben sie schon einmal gesehen!"
Da nur partielle Bestandsaufnahmen aus der Vergangenheit über den Landkreis Gifhorn vorliegen, ist ein Vergleich der Entwicklung des Bestandes mit früheren Jahren nicht möglich.
Es ist aber wahrscheinlich, dass in den vergangenen Jahrzehnten u.a. die anhaltenden "Pflegemaßnahmen" in den Ortschaften sowie die umfangreichen Flurbereinigungen in landwirtschaftlich genutzten Gebieten eine Lebensraumzerstörung bewirkten, die zu
einer stetigen Abnahme des Nachtigallen-Bestandes führte.
Die z.Zt. im Kreis Gifhorn noch vorhandenen Nachtigallen-Biotope liegen zu 36 % (133) in Landschaftsschutzgebieten und zu 3 % (13) in Naturschutzgebieten.
Durch diesen Schutz können möglicherweise etwa 39% der Reviere (146) vor einer Zerstörung bewahrt werden.
Während der Untersuchung traf ich in den vier Jahren - bis auf wenige Ausnahmen - die bekannten Biotope unverändert vor.
In einem Fall war jedoch eine ca. 500 m lange Hecke vollständig auf den Stock gesetzt worden (südlich von Wasbüttel). Hier hatten im Frühjahr drei Nachtigallen gesungen,
in den folgenden Jahren war dieser Bereich verödet. Es bleibt abzuwarten, ob nach einer mehrjährigen Erholungsphase diese Hecke wieder von Nachtigallen besiedelt wird. Dieses war ein Einzelfall und geschah wahrscheinlich aus Unkenntnis. Für den Landkreis Gifhorn insgesamt besteht die berechtigte Hoffnung, dass der Bestand auch in kommenden Jahren erhalten bleibt.
Allerdings sind geeignete Pflegemaßnahmen von Zeit zu Zeit notwendig, z.B. ein partieller Heckenschnitt, wie er schon lange in Großbritannien praktiziert wird und zur Verjüngung einer Hecke beiträgt. Auch ist das Anpflanzen von neuen Heckenstreifen mit standortgerechten Sträuchern in den ausgeräumten Landschaftsteilen dringend erforderlich, um neue Lebensräume nicht nur für die Nachtigall, sondern auch für weitere Tierarten zu schaffen.

7. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse
Das Vorkommen der Nachtigall im Landkreis Gifhorn wurde in den Jahren 1995 - 98 mit Hilfe einer Klangattrappe (Tonbandaufnahme des Nachtigallengesanges) untersucht. In diesem Zeitraum konnten auf der gesamten Kreisfläche (1.561 km²) insgesamt 372 besetzte Reviere kartiert werden, (0,24 Reviere je km²)
Die Reviere liegen vorwiegend in der südlichen Hälfte des Landkreises, gehäuft an den Flußauen der Oker, der Aller und der Ohre, wo entsprechende Lebensbedingungen für die Nachtigall vorhanden sind.
Die Reviere befinden sich in vier Biotop-Typen :
Hecke (53%), Feldgehölz (21%), Auwald (16%) und dem Waldrand (10%).
Die Hecke ist demnach der häufigste Nachtigallen-Biotop im Landkreis Gifhorn.
Von den 372 Revieren liegen 3% (13) in Naturschutzgebieten, 36% (133) in Landschaftsschutzgebieten und 61% (226) in den ungeschützten Landschaftsteilen.
In dörflichen und städtischen Siedlungen sind nur wenige Brutmöglichkeiten
vorhanden (52 Reviere = 14%), die meisten Reviere befinden sich außerhalb von Ortschaften (320 Reviere = 86%).
In den vier Jahren waren jedoch nicht alle kartierten Biotope kontinuierlich besetzt.
Wie häufig die einzelnen Biotope von Nachtigallen angenommen wurden, zeigt die Untersuchung von 124 ausgewählten Biotopen, die bereits 1995 kartiert und die bis 1998 jährlich kontrolliert wurden.

Von diesen 124 Biotopen waren besetzt: 1x : 16 (13%)
2x : 25 (20%)
3x : 35 (28%)
4x : 48 (39%)

Der Biotop Feldgehölz wurde in den 4 Jahren von den Nachtigallen am häufigsten angenommen (im Durchschnitt 3.19x)
In der Rangliste folgen: Die Hecke (2.91x), der Auwald (2.86x) und an vier-ter Stelle
der Waldrand ( 2.46x ).
Die höchste Anzahl besetzter Reviere wurde im Jahre 1997 festgestellt.
Von den bis zu diesem Zeitpunkt kartierten 359 Revieren (1995-97) waren 1997
258 Reviere (73% aller bekannten Reviere) von Nachtigallen besetzt.
Im Untersuchungszeitraum wurden bei der jährlichen Kontrolle nur einzelne nachteilige Veränderungen in den Biotopen festgestellt. Voraussichtlich wird der gegenwärtige Bestand an siedelnden Nachtigallen auch in den kommenden Jahren durch fehlende Brutmöglichkeiten kaum beeinträchtigt werden.
Das Angebot an geeigneten Biotopen ist z. Zt. möglicherweise größer als die Anzahl der einfliegenden Nachtigallen. (1997 waren 27% aller bekannten Reviere nicht besetzt.)