Fledermäuse

von Uwe Kirchberger

Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteini) fliegt an ihrem Baumhöhlenquartier, einer alten Spechthöhle vorbei. Foto: NABU-Archiv, Klaus Bogon.
Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteini) fliegt an ihrem Baumhöhlenquartier, einer alten Spechthöhle vorbei. Foto: NABU-Archiv, Klaus Bogon.

Seit über 50 Millionen Jahren gibt es Fledermäuse in Deutschland – die letzten 50 Jahre haben sie allerdings an den Rand der Ausrottung gebracht.

Weltweit gibt es 900 Fledermausarten. Breitflügelfledermaus, Zwergfledermaus und Großer Abendsegler sind die häufigsten Vertreter der in Niedersachsen vorkommenden 17 heimischen Arten. Nahrungsmangel, zum Beispiel durch den Einsatz von Insekti­ziden oder durch den Verlust an landschaftlicher Vielfalt, Quartierverlust und -mangel sind die wichtigsten Ursachen für einen dramatischen Rückgang der Fledermauspopulationen in Deutschland.

Nach ihrem Winterschlaf, der bis zu sechs Monate andauern kann, gehen unsere Fledermäuse vom Frühjahr bis in den Herbst immer nachts auf die Jagd. Auf dem Speiseplan derheimischen Arten stehen fast ausschließlich Insekten. Jede Nacht brauchen sie Insektennahrung und fressen Mengen, die etwa ein Drittel des eigenen Körpergewichtes ausmachen - bis zu zehn Gramm pro Einzeltier.

Macht in den Sommermonaten etwa zwei Pfund. Nahezu lautlos flattert die Fledermaus durch die Dunkelheit und vertilgt Nachtfalter und Mücken. Bei der Jagd verlässt sich die Fledermaus, auch wenn sie verhältnismäßig gut sehen kann, auf ihren Gehörsinn. Mit ihrer berühmten Ultraschall-Echoortung erfasst sie ihre Beute und orientiert sich. Durch Mund oder Nase werden Ultra­schallaute ausgestoßen und anhand der Echos Distanz, Richtung, Größe, Form und Struktur des Beuteinsekts analysiert. Leider lauert in der Beute auch eine Gefahr: Insekten sind vielfach durch Pflanzenschutzmittel oder andere Chemikalien belastet. Die mit der Nahrung aufgesammelten Gifte häufen sich im Fledermauskörper und schwächen die Tiere selbst oder den Nachwuchs. So stehen alle diese wen­digen Flieger auf der Roten Liste, einige Arten sind vom Aussterben be­droht.

Quartierverlust und -mangel sind weitere Faktoren die unsere Fledermausarten in der Existenz gefährden. Winterquartiere in Höhlen, Stollen oder Kellern wurden verschlossen oder die Tiere dort immer wieder gestört. Sommerliche Tagesschlafplätze fehlen, unter anderem weil in den bewirtschafteten Forsten kein Altholzbestand geduldet wurde. In Dachstühlen verenden die in Kolonien lebenden Säugetiere, wenn zum Beispiel giftige Holzschutzmittel eingesetzt werden oder sie werden vertrieben, weil die Dächer hermetisch verschlossen werden. Auch der Straßenverkehr fordert Opfer unter den Fledermäusen: Mit ihrem sonst so perfekten Ortungssystem können sie sehr schnelle Objekte, wie Autos, an­scheinend nicht richtig erfassen. Die Zahl der zufällig gefundenen ‚Unfallopfer‘ ist vermutlich nur ein winziger Bruchteil der tatsächlichen Zahl.

Alle heimischen Fledermäuse jagen und orientieren sich mit Hilfe der so genannten Ultraschall-Echoortung. Die Laute werden in einem Bereich von etwa 20 bis zu 100 Kilohertz (Khz) erzeugt. Jede Fledermausart hat dabei ihre besondere Rufcharakteristik und nutzt bestimmte Frequenzbereiche. Sie sind allesamt für den Menschen nicht wahrnehmbar, denn die menschliche Hörfähigkeit endet bei ca. 16 – 18 Khz. Der ‚Bat-Detektor‘ überbrückt genau diesen menschlichen Schwachpunkt, indem er die hochfrequenten Rufe der Fledermäuse in hörbare Laute abwandelt. Mit dem ‚BAT-Detektor‘ lassen sich die Tiere nun beobachten, die sonst im nächtlichen Dunkel verborgen, lautlos nach Insekten jagen.

Nächtliche Exkursionen mit dem Bat-Detektor zu Fledermaus-Jagdrevieren im Landkreis Gifhorn - hierfür eignen sich kleinere Stillgewässer oder blüten­reiche Wiesen in Parks mit altem Baumbestand besonders - werden von NABU-Fledermauskundlern im Frühjahr und Sommer angeboten.

Aufgabe der heutigen Fledermausforschung ist es u. a., mit Hilfe der Bat-Detektoren festzustellen, wo die zu­rückgezogen lebenden Tiere ihre Quartiere haben, wo sie jagen und über welche Strecken (bis zu zwanzig Kilometer!) sie die Jagdgebiete erreichen.

Nach dem Motto: „Wir können nur schützen, was wir auch kennen!“ ist es dann möglich Quartiere und Einflugsmöglichkeiten zu sichern, vielfältige Strukturen unserer Landschaft, wie Hecken und Alleen, zu erhalten und auszubauen, sowie Hilfestellungen für Hausbesitzer bei Umbau und Renovierung zu geben. Das Anbringen von Fledermauskästen hilft als ein Ersatz für fehlende natürliche Quartiere in Wäldern, dort wo zum Beispiel Spechthöhlen in alten Bäumen fehlen.

Den Hausbesitzern treibt es oft tiefe Sorgenfalten auf die Stirn, wenn mit dem Hereinbrechen der Dunkelheit für kurze Zeit ein Zirpen, Kratzen, Wispern und Zetern auf ihrem Dachboden beginnt. Diese Geräuschkulisse ent­stammt jedoch nicht den gefürchteten Ratten, Mäusen oder anderen unlieb­samen Hausgenossen, sondern es sind Fledermäuse, die sich als heimliche Mitbewohner meist auf dem Dachboden des Hauses einquartiert haben. Zu Beginn der Ausflugszeit werden die eng beieinander lebenden Tiere unruhig, sie streben dem Ausflugloch zu und ‚schimpfen‘ mit schrillen Rufen mal auf drängelnde Mitbewohner. Diese Soziallaute sind, anders als die Ultraschall-Ortungsrufe, auch für uns Menschen hörbar.

Zwergfledermäuse (Pipistrellus pipistrellus) in einem Spaltenquartier unter der Holzverkleidung eines Hauses. Aufgrund heißer Witterung sind die Tiere sind während des Tages an den Rand der Spalte gekrochen, um sich abzukühlen.   Foto: NABU, Klaus Bogon.
Zwergfledermäuse (Pipistrellus pipistrellus) in einem Spaltenquartier unter der Holzverkleidung eines Hauses. Aufgrund heißer Witterung sind die Tiere sind während des Tages an den Rand der Spalte gekrochen, um sich abzukühlen. Foto: NABU, Klaus Bogon.

Nur ein Teil der 23 in Deutschland vorkommenden Fledermausarten, die so genannten ‚Hausfledermäuse‘ suchen im Sommer die menschliche Nähe. Die Dachböden oder andere Unterschlupfmöglichkeiten in Häusern bieten den Tieren als ‚Ersatzhöhlen‘ optimale Bedingungen für die Aufzucht des Nachwuchses. Fledermäuse bringen im Frühsommer ihre Jungen zur Welt. Sie brauchen möglichst zugluftfreie, warme und störungsfreie Plätze. Einige Arten, wie das Große Mausohr, hängen frei an den Dachbalken, andere nutzen engste Spalten zwischen den Pfannen oder hinter der Fassadenbekleidung als Quartier. Oft sind es die Wochenstuben der Fledermäuse, ein Zusammenschluss von Weibchen einer Art, die den Sommer getrennt von den Männchen leben und gemeinschaftlich ihre Jungen aufziehen.

Eher selten verraten sich die anwesenden Fledermäuse durch Geräusche. Häufiger finden sich unter ihren Hangplätzen ihre Hinterlassenschaften in Form von trockenen, durch Chitinreste glänzenden Kots oder Überbleibsel von Beuteinsekten. Diese Spuren der Fledermäuse können jedoch einfach weggefegt oder als hochwertiger Pflanzendünger im Garten sogar genutzt werden. Weitere Schäden verursachen die nützlichen Insektenjäger nicht, denn sie nagen nicht an Holz, zerbeißen keine Kabel oder zerstören keine Isolierung.

Die Gebäudebesetzung durch Fledermäuse ist saisonal. Wenn nicht schon vorher das Quartier gewechselt wurde, lösen sich gegen Ende August, mit Beginn der Balzzeit, die Wochenstuben auf. Bis dahin sind die Jungtiere nach anfänglichen Flugversuchen auf dem Dachboden schon längst flugfähig. Sie werden nicht mehr gesäugt und jagen selbständig Insekten.

Der NABU Kreisverband Gifhorn ist auf der Suche nach solchen Fledermausquartieren. Seit einem Jahr arbeiten die NABU-Fledermauskundler daran, möglichst viele der im Landkreis Gifhorn noch vorhandenen Quartiere zu erfassen. Falls jemand weiß, wo Fledermäuse zur Untermiete wohnen, würden wir uns über eine Mitteilung unter der Telefonnummer 05373 / 4361 sehr freuen.

Zwergfledermäuse (Pipistrellus pipistrellus) in einem Spaltenquartier unter der Holzverkleidung eines Hauses. Aufgrund heißer Witterung sind die Tiere sind während des Tages an den Rand der Spalte gekrochen, um sich abzukühlen.   Foto: NABU, Klaus Bogon.
Zwergfledermäuse (Pipistrellus pipistrellus) in einem Spaltenquartier unter der Holzverkleidung eines Hauses. Aufgrund heißer Witterung sind die Tiere sind während des Tages an den Rand der Spalte gekrochen, um sich abzukühlen. Foto: NABU, Klaus Bogon.

Fledermäuse zeigen uns, wo unsere Umwelt noch intakt ist. Je bewusster der Mensch mit Natur und Umwelt umgeht, desto mehrsensible Fledermäuse wird es geben.

Text: Ulrich Thüre, NABU LV Niedersachsen