von Olaf Lessow
Kaum einer Vogelgruppe wurde in der Vergangenheit so nachgestellt wie den Eulen, was zu erheblichen Bestandseinbußen geführt hat. Heutzutage sind die Rückgangsursachen anderer Art. Lebensraumzerstörung und damit verbundener Nahrungsmangel, hohe Verkehrsdichte sind wohl die Hauptursache. Den vielen aktiven Eulenschützern ist es mit zu Verdanken, das die Schleiereule als Kulturfolger im Landkreis Gifhorn wieder gut Fuß gefaßt hat, denn als Bewohner offener Landschaften hat sie hier relativ leichtes Spiel. Das Anbringen von Nisthilfen in Gebäuden und derer ständigen Kontrolle zwecks Beringung und Erfassung der Jungenanzahl, läßt Bestandsveränderungen gut erkennen, so daß, wenn erforderlich, schnelle Abhilfe geleistet werden kann. In extrem Wintern mit Dauerfrostperioden und einer geschlossenen Schneedecke leiden die Schleiereulenpopulationen wohl am stärksten. Gezieltes Zufüttern läßt den Bestand kaum auf Null sinken. Außerdem reproduziert die Schleiereule in mäusereichen Jahren bis zu drei mal im Jahr.
Anders ergeht es dem Uhu, der dank langfristiger Nachzucht und Auswilderung eine von fast allen Seiten erlaubte Bestandsdichte erreicht hat. In den letzten zehn Jahren häuften sich auch im
Landkreis Gifhorn die Beobachtungen und es ist wohl nur eine Frage der Zeit bis Brutnachweise für die größte Eulenart bekannt werden.
Bei der kleinsten europäischen Eulenart, dem Sperlingskauz, sind Nachweise wirklich rar. Die nächsten Brutgebiete sind in der Südheide und im Harz. Sie machen durch den gimpelartigen Ruf auf sich
aufmerksam. Als dämmerungsaktive Eule bevorzugt sie Nadelwälder mit gutem Spechtbestand. Der Sperlingskauz ist ausschließlich Höhlenbewohner, man kann ihn mit etwas Glück beim abendlichen
Waldspaziergang auf den Fichtenspitzen sitzen sehen oder auch verhören. Ebenfalls vom Höhlenangebot abhängig ist der Rauhfußkauz dessen Bestand langsam zunimmt. Er bevorzugt lichte,
unterholzfreie Nadelwälder.
Brutplatzangebote in Form von Nistkästen dienen wohl der Bestandssicherung, doch sind Naturhöhlen und totholzreiche Baumbestände zu bevorzugen, denn diese kommen auch anderen bedrohten Tier,- und
Pflanzenarten zugute. Möchte man diese recht heimlich lebende Eulenart zumindest verhören, sollte man im Febr.- März in klaren, windstillen Mondnächten geeignete Biotope nach Einbruch der
Dämmerung aufsuchen, denn der melodische Ruf ist über Kilometer weit zu hören.
Feldgehölze und Waldränder sind Lebensraum der Waldohreule, die ebenfalls im Febr.- März verhört werden kann. Invasionsartige Einflüge aus dem Norden sind gerade in strengen Wintern bekannt, kann man mit Glück größere Gruppen sogar in feldnahen Vorgärten beobachten. Besonders lukrativ ist die Suche nach Gewöllen, denn größere Waldohreulenansammlungen hinterlassen in jedem Fall Spuren. Blickt man dann nach oben, wird man die Eulen im Kronenbereich bestimmt nicht übersehen. Im Frühsommer sind die Jungeulen dann im Ästlingsstadium und machen durch ihren fiependen, Rehkitz ähnlichen, Bettelruf auf sich aufmerksam und mitunter kann man das Füttern durch Altvögel beobachten.
Relativ leicht dürfte das Verhören oder Beobachten vom Waldkauz sein, der größere Parks, Feldgehölze, Friedhöfe usw. bewohnt. Aufmerksam geworden durch seinen Ruf, man kennt ihn aus verschiedenen, schaurig schönen Kriminalfilmen, läßt sich der Aufenthaltsort recht gut lokalisieren. Waldkäuze bewohnen ein recht kleines Revier und man kann mit etwas Glück die Schlafplätze entdecken. Auch hier sind Gewöllfunde recht hilfreich. Als reiner Standvogel, lediglich die Jungen streifen umher, bezieht er gerade in den Wintermonaten deckungsreiche, einzeln stehende Nadelbäume, die, um ihn zu sehen, bevorzugtes Ziel sein sollten. Waldkäuze sind absolut Nachtaktiv und in der Wahl des Brutplatzes nicht sehr wählerisch. Sie brüten sowohl in Erdhöhlen, in Gebäuden, alten Krähennestern, aber überwiegend in Höhlen.
Das Beobachten von Steinkäuzen im Landkreis Gifhorn dürfte einem sechser im Lotto gleichkommen. Dennoch sind langfristige, gut durchdachte Ansiedlungsprogramme von Nöten, um den Steinkauz in
unseren Gefilden wieder anzusiedeln. Rückgangsursachenforschung und Pionierarbeit in Bezug auf Lebensraumanspruch, Nahrungsgrundlage und Mobilität der mitunter nachmittags aktiven Eulenart sind
unabdingbar. Gleichfalls ergeht es der im Bestand hochgradig gefährdeten Sumpfohreule die bei uns bestenfalls als Durchzügler auftritt. Tragen die Renaturierungsarbeiten in den Moorgebieten
Früchte, wird auch diese Art wahrscheinlich wieder Brutvogel in unseren Breiten werden, denn diese überwiegend am Tag aktive Eule beim Jagd oder Balzflug zu beobachten ist für jeden
Vogelbeobachter und Naturfreund ein absoluter Genuß. Will man also einen dieser hochsensiblen Vertreter der Eulen beobachten, sollte man sich geübten Fachleuten oder den angebotenen
Eulenexkursionen anschließen, denn auf Störungen durch Unkenntnis oder Unachtsamkeit reagieren diese Vögel höchst empfindlich. Hinzu kommt, das gerade Jungeulen nestflüchtende Nesthocker sind,
sie klettern viel und häufig bevor sie überhaupt flügge sind, deren Mobilität mitunter zum Verhängnis werden kann. Eine Eule in diesem Stadium, fällt sie herunter, verletzt sich selten bei diesen
waghalsigen Ausflügen und kann genauso geschickt den Baumstamm wieder hinaufklettern. Übertriebenes Mitleid mit den allzu süßen Wollknäuelchen zieht meist ein "Mitnehmen" nach sich. Auf dem Boden
sitzende Eulen werden von den Altvögeln weiter gefüttert und eine gute "Beobachtungsgabe" aus sicherer Entfernung sind Voraussetzung dafür, das eine Eulenfamilie nicht sinnlos auseinandergerissen
wird.
(Fotos: Olaf Lessow)