Seit nunmehr 11 Jahren ist der NABU Kreisverband Gifhorn Träger der Arbeit und Lernen Maßnahme "Renaturierung des Großen Moores bei Gifhorn". Ziel dieses Projektes war es, biotopgestaltende
Maßnahmen durchzuführen, um für das im Bestand stark abnehmende Birkhuhn wieder einen adäquaten Lebensraum zu schaffen. Das Große Moor stellte für das Birkhuhn einst eines der wichtigsten
Reproduktionsgebiete in Niedersachsen dar, doch konnte sich der Bestand trotz massiver Aussetzungsprogramme des Wildtierforschungsinsti-tutes Ahnsen nicht wieder erholen und ist heute auf wenige
Tiere zusammengeschrumpft. Doch damit sind die Renaturierungsarbeiten, die zusammen mit der Oberen und Unteren Naturschutzbehörde durchgeführt werden, nicht gescheitert. Das Projekt, das vom
Ar-beitsamt, dem Europäischen Sozialfonds und der Bezirksregierung finanziert wird, hat im Großen Moor viel erreicht. Und neben dem naturschutzfachlichen Aspekt gibt es weiterhin das Ziel, sozial
benachteiligte Jugendliche in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.
In den vergangenen Jahren wurden weite Flächen des aufgrund der Entwässerung durch Birkenaufwuchs verbuschten Moores wieder freigestellt und der ursprüngliche offene Charakter des ehemals
baumfreien Hochmoores konnte in Teilbereichen wiederhergestellt werden. Andere Flächen wurden vernässt bzw. durch die Schafbeweidung der Schäferei Paulus dauerhaft frei gehalten. So ist
inzwischen ein Lebensraum entstanden, der durch ein vielfäl-tiges Mosaik aus nassen mit Wollgras bestandenen Pütten, Torfrücken mit Moorheiden, Grünländern und Feuchtwäldern charakterisiert ist
und wieder viele moortypische Pflanzen und Tiere verschiedenster Gruppen beherbergt. 1999 führte der NABU Kreisverband Gifhorn Erhebungen an ausgewählten Tiergruppen im Großen Moor durch, um sich
einen Überblick ihrer Bestände vor dem Hintergrund der durchgeführten Renaturierungsmaßnahmen zu ver-schaffen. Neben Vögeln und verschiedenen Insektengruppen wurden auch die Bestände der
Amphibien und Reptilien im Großen Moor erfasst.
Auch Amphibien, als typische Bewohner der Moorrandbereiche, haben in den renaturierten Teilbereichen wieder neue Lebensräume finden können. Der Moorfrosch ist die Charakterart im Großen Moor und
zählt hier zu den häufigsten Amphibien. An warmen Märztagen hört man aus den Torfpütten ein gedämpftes Blubbern - ähnlich austretender Luft aus einer un-tergetauchten Flasche. Und aus einiger
Entfernung lassen sich die Rufer in den Pütten auch gut erkennen, denn die Männchen dieser Art tragen zur Balz ein himmelblaues Hochzeitsgewand, während sie in der übrigen Zeit bräunlich gefärbt
sind. Tritt man näher an die Laichgesellschaft heran, ist sie mit einen mal verschwunden und das Blubbern ist verstummt - lediglich die vielen zwischen 1000 und 2000 Eier umfassenden Laichballen
zeugen von der Aktivität am Laichplatz. Nach und nach schauen die ersten Moorfrösche vorsichtig aus dem Wasser heraus und nach einigen Minuten beginnen die ersten Männchen bereits wieder zaghaft
zu rufen. In den zentralen Bereichen des Großen Moores finden sich entlang der Pütten Dutzende solcher Laichgesellschaften von 50 - 100 Tieren, so dass sich während der Paarungszeit in diesen
Bereichen zwischen 1000 - 2000 Tiere einfinden. Bedenkt man, dass der Schwellenwert für diese Art in Niedersachsen bei 100 Tieren liegt, um einem Gebiet eine herausragende Bedeutung für den
Naturschutz in Niedersachsen beizumessen, so wird deutlich, welche Bedeutung das Große Moor als Reproduktionsgebiet für diese Art hat. Dabei meidet der Moorfrosch das Zentrum intakter Hochmoore,
sondern hat seinen Verbreitungsschwerpunkt in den allgemein feuchten Randbereichen.
Neben dem gedämpften Blubbern sind auch andere Paarungsrufe zu hören, welche von Männchen ausgestoßen werden, um Weibchen anzulocken. Mitunter ist ein leises Knurren oder ein einzelner hoher
mehrmals wiederholter Ton zu hören. Das Knurren ist der Paarungsruf des Grasfrosches während der andere Ton von den Erdkröten stammt. Diese drei Arten bilden häufig Laichgesellschaften in
verschiedenen Gewässern im Großen Moor, wobei die beiden letztgenannten Arten weniger häufig auftreten als der Moorfrosch. Der Grasfrosch und die Erdkröte waren früher weit verbreitet und
bildeten in geeigneten Lebensräumen große Laichplatzgesell-schaften aus. Beide Arten sind im Rückgang begriffen und so ist das Große Moor auch für diese Amphibien ein wichtiges Rückzugsgebiet.
Alle drei Arten unternehmen mitunter weite Wanderungen, um zu ihren Laichgewässer zu gelangen und sie werden dabei leider noch viel zu oft Opfer auf den vielen Straßen in unserer
Landschaft.
Auch die Molche unternehmen mitunter weitere Wanderungen zu ihren Laichgewässern, doch im Gegensatz zu den Braunfröschen (Moor- Gras- und Springfrosch) und den Kröten verweilen sie länger in und
unmittelbar an den Gewässern. Im Großen Moor sind Teich- und Bergmolch weit verbreitet, während der Fadenmolch nur selten nachzuweisen ist. Molche legen ihre Eier einzeln an Unterwasserpflanzen
ab, während die Braunfösche große Ballen und die Kröten lange Schnüre mit vielen Eiern produzieren. Entsprechend dauert die Laich-zeit auch länger bei den Molchen, obwohl auch sie sich schon
zeitig im Jahr auf den Weg machen.
Im April ist an wenigen Stellen im Moor in der Nacht ein lang anhaltender hoher Triller zu hören - dieser gehört zur Kreuzkröte, die eine typische Pionierart darstellt und als Laichge-wässer
keine größeren Gewässer, sondern kleinste Tümpel, wassergefüllte Radspuren und ähnliche Strukturen bevorzugt. Sie kommt im großen Moor nur in kleinen Beständen vor.
Gegen Ende April ertönen dann aus den Gewässern im Großen Moor weithin hörbare Froschkonzerte - also diejenigen Paarungsrufe die zumeist mit Amphibien in Verbindung gebracht werden. Doch neben
dem überall häufigen Teichfrosch, der gerade nachts im Gartenteich des Nachbarn besonders laut sein Gesang erschallen lässt, kommt im Großen Moor auch noch der Kleine Wasserfrosch verbreitet,
doch in kleinen Beständen vor. Beide Arten gehören zu den Grünfröschen, wobei der Teichfrosch keine "echte" Art darstellt, sondern als Bastard zwischen Seefrosch und Kleinen Teichfrosch
hervorgegangen ist und ohne gele-gentliche "genetische Unterstützung" auf Dauer nicht überlebensfähig ist. Während der Teichfrosch Gewässer aller Art besiedelt, stellt der Kleine Wasserfrosch
neben dem Moor-frosch die zweite Charakterart des Großen Moores dar. Diese Art besiedelt im Großen Moor vorwiegend kleinere vegetationsreiche Tümpel. Reine Bestände des Kleinen Wasserfro-sches
sind selten und so finden sich auch im Großen Moor überwiegend Mischbestände dieser beiden Grünfrösche.
Damit kommt im Großen Moor knapp die Hälfte der in Niedersachsen bekannten Amphibien vor; neben dieser Artenvielfalt sind es besonders die hohen Bestände des Moorfrosches, die dem Großen Moor
ihre herausragende Bedeutung für den Naturschutz aus Sicht der Amphibien geben.